Eine OP-Versicherung bezahlt (in den meisten Fällen) den Tierarztbesuch, der zur Indikationsstellung führt. Weiterhin werden die Kosten für die Operation selber übernommen sowie (in den meisten Fällen) ein Nachbehandlungszeitraum von zehn Tagen abgedeckt. Dies reicht im überwiegenden Fall der Operationen aus, um die Hauptkosten abzudecken.
Allerdings gilt es hierbei, sehr genau die Ausschlusskriterien zu lesen. Viele chirurgische Korrekturen von rassebedingten Problemen werden nicht vom Versicherungsschutz abgedeckt – beispielhaft sei hier die Patella-Luxation bei kleinen Hunden oder das Entfernen von falsch wachsenden Wimpern (Distichiasis) bei Bulldoggen erwähnt. Weiterhin wird von den meisten Versicherungen eine Zahnsanierung im Sinne von Entfernung des Zahnsteins und anschließender Politur nicht abgedeckt.
Sollten Sie eine OP-Versicherung abschliessen wollen, so empfehle ich Ihnen, immer mindestens die Übernahme von Kosten bis zum 2-fachen Satz abzuschliessen. Dies liegt darin begründet, dass die Gebührenordnung für Tierärzte für Behandlungen außerhalb der üblichen Sprechzeiten die Anwendung des 2-fachen Satzes vorschreibt. Da Unfälle, welche eine Operation nach sich ziehen, häufig in den späten Abendstunden oder am Wochenende passieren, ist auch in diesem Fall eine optimale Versorgung Ihres Tieres gewährleistet.
In letzter Zeit gibt es allerdings bei den Tierkliniken den zu beobachtenden Trend, dass zunehmend in den Abendstunden und am Wochenende der 2,5-fache Satz berechnet wird. Aus Sicht der Klinikbetreiber, die Ihre angestellten Ärzte fair vergüten wollen, ein berechtigter Schritt – ob allerdings die OP-Versicherungen im Bezug auf diesen Trend ihr Angebot verändert haben, ist mir nicht bekannt.
Im Gegensatz zur reinen OP-Versicherung steht die Vollversicherung. Bei dieser übernimmt die Tierkrankenversicherung in der Regel alle für das Tier anfallenden Gesundheitskosten. Allerdings gibt es hier einige wichtige Dinge zu beachten und das Kleingedruckte genauestens zu lesen. Ein vollständiger Überblick würde den Rahmen dieses Artikels völlig sprengen, daher hier nur der Hinweis auf einige gängige Einschränkungen des Versicherungsschutzes, welche in einem solchen Vertrag enthalten sein können.
Einige Tarife sind grundsätzlich mit einer Selbstbeteiligung versehen. In den meisten Fällen heißt dies praktisch, dass die Versicherung lediglich 85% der Tierarztkosten übernimmt. Die restlichen 15% müssen Sie also nach wie vor an den behandelnden Tierarzt selber zahlen. Da über diesen Umstand häufig nur unzureichend aufgeklärt wird, ergeben sich immer wieder Probleme im Zusammenhang mit der Abrechnung. Diese Klausel ist auch der Hauptgrund dafür, warum wir als Praxis nur ungerne direkt mit der Versicherung abrechnen.
Viele Versicherungspolicen arbeiten mit Ausschlusskriterien. Neben den oben bereits erwähnten rassebedingten Operationsindikationen fallen hierunter vor allem Kosmetika und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel. Hier kommt es sehr gerne zu Enttäuschungen und Diskussionen, weil eben einige Versicherungen zum Beispiel auch vom Tierarzt verschriebene medizinische Shampoos als Kosmetika werten. Eine ähnlich unklare Abgrenzung erlebt man bei Homöopathie, Akupunktur oder Physiotherapie, um nur einige Beispiele zu nennen. Und auch medizinisch sinnvolle Diätfutter werden nur in den seltensten Fällen von der Versicherung bezahlt. Auch hier empfiehlt es sich also, wirklich den gesamten Vertrag zu lesen und danach fundiert zu entscheiden.
Ich möchte nun die eingangs gestellte Frage aus meiner persönlichen Sicht und anhand meiner praktischen Erfahrungen beantworten, und kann eigentlich nur zu einem ganz klar ausgesprochenen JA kommen. Dies werde ich gleich mit zwei relativ einfachen Beispielen begründen.
Vorab aber der Hinweis – mit Ausnahme der rein in der Wohnung gehaltenen Katze – ist es aus meiner Sicht eigentlich schon nahezu „wirtschaftlich dumm“, nicht mindestens eine OP-Versicherung für das Tier abzuschließen. Diese sind meistens nur mit einem relativ geringen Beitrag versehen – und dieser Beitrag steht in keinem Verhältnis zu den Operationskosten eines Tieres, welche sich regulär in naher Zukunft meistens oberhalb der 500€-Grenze befinden werden. Bei orthopädischen Operationen wird sehr gerne auch die 1.000€-Grenze überschritten.
Aber auch für eine generelle Krankenversicherung gilt – sollte Ihr Tier ein durchschnittliches, normales Leben führen, so wird sich der Versicherungsbeitrag auf lange Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit amortisieren.
Eine Katze erreicht unter normalen Lebensumständen bei guter Gesundheit ein Lebensalter von 15-20 Jahren. In den ersten zehn Jahren werden Sie also gefühlt „draufzahlen“. Allerdings hat eine Katze im hohen Alter statistisch gesehen sehr gute Chancen, an einer typischen „Alterserkrankung“ zu erkranken. Die wichtigsten Todesursachen bei Katzen stellen die chronische Nierenerkrankung (CNI), Herzerkrankungen oder Tumorerkrankungen dar.
Gerade im Falle einer Herzerkrankung sind alte Katzen in privater Hand aus medizinischer Sicht häufig unterversorgt. Die Diagnose kann nur durch eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) gestellt werden. Diese Untersuchung kostet (so berichten mir die Besitzer) in der Regel mindestens 250€. Abgesehen von den Medikamentenkosten, die sie bei einem Herzpatienten zu tragen haben, sollte man eigentlich aus medizinischer Sicht mindestens einmal, wenn nicht sogar zwei Mal jährlich diese Untersuchung durchführen lassen. Spätestens jetzt wird sich also eine Versicherung mehr als auszahlen.
Nicht ganz so drastisch, aber immerhin ähnlich, stellt sich die Situation bei einer chronischen Nierenerkrankung dar. Hier sind regelmässige Blutuntersuchungen als Verlaufskontrolle – bei denen jede einzelne Untersuchung ca. 80€ kostet – ebenfalls wichtig. Eigentlich sollte auch regelmässig der Blutdruck der Katzen kontrolliert werden – eine Leistung, die mangels Nachfrage in der Praxis nur in wenigen Tierarztpraxen wirklich realisiert wird. Und auch hier wird es über kurz oder lang zu einer regelmässigen Gabe von Blutdrucksenkern kommen.
Wechseln wir jetzt die Perspektive zum Hund – für den im Zweifel im Bezug auf eine Herzerkrankung das Gleiche gilt, wie oben bei er Katze beschrieben – so drängt sich hier ein anderer Aspekt in den Vordergrund. Beim älteren Hund werden wir zusätzlich mit der Problematik chronischer Gelenkschmerzen konfrontiert, weil der Hund mit uns eben körperlich aktiv ist und wir entsprechende Probleme viel eher wahrnehmen.
Neben der schulmedizinisch richtigen und wichtigen Vergabe von Schmerzmedikamenten halte ich gerade eine regelmässige begleitende Physiotherapie in diesen Fällen für einen elementaren Therapiebaustein. Und Physiotherapie erfordert regelmässige Sitzungen über einen längeren Zeitraum. Wer alle zwei Wochen seinen Hund zum Schwimmen schickt, macht in meinen Augen keine zielgerichtete Physiotherapie! Hier müssen alle Bausteine, von der Massage über die Bewegungstherapie bis hin zum Reizstrom, zum Einsatz kommen. Und auch hier gilt – jede Anwendung kostet.
Als zusammenfassendes Ergebnis lässt sich in meinen Augen also nur sagen: Ich wünsche Ihren Tieren ein langes und glückliches Leben. Zu einem langen und glücklichen Leben gehört auch die Phase des Alt-Seins. Und in dieser Phase brauchen Tiere leider sehr oft kostenaufwändige medizinische Betreuung. Daher halte ich es einfach für eine logische Konsequenz, dass für die Zeit des Alt-Seins eine Krankenversicherung eine absolut sinnvolle Investition darstellt.
Bei Fragen zu unterschiedlichen Versicherungspolicen empfehle ich Ihnen die Kontaktaufnahme zur Puntobiz GmbH in Hürth. Ich habe mich mit den Mitarbeitern dieses Unternehmens im Rahmen einer Messe auf einer Fortbildung länger unterhalten. Sie erschienen mir sehr kompetent und gaben mir eben auch sinnvolle Anregungen für diesen Artikel. Und Nein – ich erhalte für die Verlinkung weder Geld noch sonst irgendeine Form von materieller Zuwendung. 🙂
Zur weiteren Recherche empfehle ich den (leider in einigen Teilen veralteten) Testbericht der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2016.
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